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Donald Trumps fliegendes Pferd

"Die dromokratische Revolution"

 „Wer das Recht auf die Straße hat, hat das Recht auf den Staat.“

Paul Virilio

Eines der eindrucksvollsten, langweiligsten, bedrohlichsten, redundan-testen und vorhersehbarsten aber gleichsam gefährlichsten  TV-Bilder der letzten Jahre, vor allem aber vor den Neuwahlen, war und ist die Omnipräsenz des Donald Trump.   

Er steigt aus seinem großen Flieger, winkt, was dann kommt, nämlich immer die gleichen Reden, Unverschämtheiten, populistischen Aussprüche, sind für viele seiner Anhänger eigentlich nebensächlich, denn schon wieder besteigt er seinen Flieger, dreht sich um, winkt. Und selbst das Entschwinden des Flugzeuges ist unwichtig. Wichtig ist, dass er in den Medien schon am nächsten Morgen, dann am Nachmittag, am übernächsten immer wieder vom Pferd steigt, winkt und wieder aufsteigt: Auf sein Pferd und in die Lüfte wie das geflügelte Pferd Pegasus aus der griechischen Mythologie als Zeichen von Schwerelosigkeit und Freiheit. Und Macht.
Nur die Geschwindigkeit, die Möglichkeit zur Beschleunigung ermöglicht ihm diese Omnipräsenz als politische Potenz.

Und diese Potenz beeindruckte nicht nur die wahlunsichern Bürger und Bürgerinnen, sondern sie half ihm eben zu der Entscheidung seiner Wahl. Dadurch, dass dieser Trump heute hier und morgen weit entfernt auch dort sein konnte, nicht nur als mediales Abbild, war und ist dem Wahlbürger ein Zeichen von Allmacht durch Allerort. Er glaubt, er kann sie fassen, diese Haptik des Wahrhaften. Eine vermeintliche Partizipation, die die gespiegelte und kommentierte Mediendarstellung weit glaubhafter macht und übersteigt. Schließlich steht der sonst so verunsicherte Bürger an der Urne und hat ihn mit eigenen Augen gesehen. Wie den Allmächtigen nach der Wandlung.

Und er kann das richtige oder falsche Kreuz auf dem Wahlschein machen. Wie Gott selbst war er, ist er überall. Durch die Macht seines rasenden, fliegenden Pferdes, das ihm die Macht der Geschwindigkeit ermöglicht. Und viele der beeindruckten, verführten, hoffnungsvollen Bürgern wählten ihn. Und wählte damit auch ein kleine wenig sich selbst. Denn durch sein Kreuzchen auf dem Wahlschein kann er für einen Moment teilhaben an diesem blonden, stattlichen, starken Toupet-Dollarengel.

Was hier sichtbar wird ist die zentrale Macht, die die Geschwindigkeit erlangt: Ob beim Handel, im Krieg und letztlich oder zuerst auch bei der Politik gilt: “Wer die Straße erobern kann… erobert damit auch den Staat“ Goebbles 1931 .

Paul Virilio bezeichnet dies als die „Dromokratische Revolution“, eine der wichtigsten und weitreichendsten Revolutionen der Neuzeit: „Wer das Recht auf die Straße hat, hat das Recht auf den Staat.“ Ermöglicht durch die technische Erfindung von Dampfmaschine, die Eisenbahn, das Auto, Schiffe, Flugzeuge und entsprechend die Straßen, Schienen usw. Eine ganze Industrie als „Fabrikation von Geschwindigkeit“. Die Inkarnation heutiger Geschwindigkeit, die sich dem „Mythos der Omnipräsenz“ nähert, ist das Flugzeug. Entsprechend kann man formulieren:

Wer die Luft erobern kann, erobert damit auch den Staat. Erobert damit auch letztendlich den Sieg im Krieg und kriegerischen Auseinander-setzungen.

Von der Frühzeit, über das römische Reich, das Mittelalter bis heute gilt: Die Verbindung der Burgen durch Wege, die Verdingung der Dörfer und Städte durch Straßen, die Verbindung der Länder durch Häfen und die Verbindung der Kontinente durch Luftstraßen  ermöglicht erst einen gewinnbringenden Handel und gewinnbringende Kriege. Der Transport ist die Triebfeder für die Weiterentwicklung, den Siedlungsprozess und damit letztendlich auch die Grundlage für Wohlstand und Reichtum. Nur durch eine konsequente Kopplung von Immobilem und Mobilität konnte Donald Trump zu einem Reichtum erlangen, um sein fliegendes Pferd zu kaufen, zu halten und nutzen. Paul Virilio nennt es  die „Bevölkerung des Luxus“, die durch solche Geschwindigkeit und Mobilmachung ermöglich wird.  Gegen die „relative Machtlosigkeit des Grundeigentümers, der sich nicht rühren wegbewegen kann oder die Ohnmacht des an seine Parzelle gefesselten, sesshaften Produktionsarbeiters“.                   

Bereits jetzt sehen wir, wie Donald Trump seinen privaten Pegasus mit dem des Staates wechselt, und diese heillose Verknüpfung als Politik erklärt. Und wir sind mittendrin in einer Reise eines blonden Steuermanns, der für sich das Gaspedal der Fahrt und Fluges reklamiert, aber schlimmer noch, seine eigene Ziele für die des Staates erklärt. Wohin die Reise geht und letztendlich gegangen ist, ist eine Geschichte, die irgendwann eingegangen ist in die Geschichtsbücher der Vergangenheit. Ein Flug durch die Zeit – hoffentlich ohne Absturz des fliegenden Pferdes. Oder ist nicht gerade das niedergekommene Pferd Voraussetzung für demokratische Politik?

 

 
 C Karikatur/Text/Bild Michael Troesser Erstveröffentlichung : 2016
Zitate aus : Paul Virilio, Fahren, fahren, fahren 1976 und Paul Virilio, Geschwindigkeit und Politik, 1980,  beide Merve-Verlag Berlin