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Wie komisch ist Komik

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 Wer lacht an welcher Stelle? Kann man beim Orgasmus lachen, hatte Jesus am Kreuz nichts zu lachen und wo ist Grenze zur Komik? Was bedeutet Komik im Gegensatz zum Humor fragen Iris Berben und Anke Engelke bei Ihrer ersten gemeinsamen Bühnenarbeit.

Eine Premiere also bei der Lit.COLOGNE, mit zwei erstklassigen Schauspielerinnern , die sich die ca. 1000 Menschen in zwei Staffeln hintereinander in der Stadthalle Köln-Mülheim nicht entgehen lassen wollten (Also insgesamt 2000!) Mit entsprechend hohen Erwartungen.

Natürlich ziehen die Namen der Beiden immer und man ist schnell geneigt, bei allem Personenkult und Starmythos das Eigentliche in den Hintergrund zu stellen: Einen Literaturabend zu einem Thema, brav präsentiert auf einer schlichten Bühne mit zwei schwarzen Tischen an denen zwei schwarz gekleidete Frauen 90 Minuten einen Ritt durch Definition, Lyrik oder Prosa zum Thema Komik, Humor und Lachen präsentierten.

Allerdings, wer wäre für das Thema besser geeignet als die zwei Schauspielerinnen, die neben ihren unzähligen ernsten Filmen nie ihre Wurzel aus der Comedy verloren haben und noch heute eben jene Lachmuskeln bei uns aktivieren wie vor 30 Jahren. Also Komikprofis der ersten Güte. Und das merkte man den ganzen Abend, allerding völlig anders, als man es von „Ladykracher“ oder „Sketchup“ kennt. Es war eine Art Mischung aus ernster Auseinandersetzung mit dem Thema und spontanen(?) Einlagen aus dem reichen Erfahrungsschatz ihrer schauspielerischen Arbeit.

Grade durch diese Mischung war der Abend so anregend und kurzweilig. Musste man sich bei der Lyrik und Prosavorträgen von Aristoteles bis Hüsch, von Heinrich Mann bis Gernand, Umberto Eco bis Kurt Schwitters doch sehr konzentrieren und gleichsam von diesen traumhaft schönen Stimmen verzaubern, so wurde es immer dann um so komischer und entsprechend lockerer, wenn beide von sich erzählten wie gute Freundinnen: So wie z.B. Iris Berben von einem Film in Lissabon, bei der sie eine Nonne spielte und während der Dreharbeiten in voller Verkleidung aufs Clo musste. Dies fand sie schließlich in einem überfüllten Lokal, und als sie später aus der Herrentoilette zurückkam, weil die Damentoilette besetzt war, verstanden die Gäste die Welt nicht mehr und es war plötzlich mucksmäuschenstill im Restaurant, echt komisch. Oder Anke Engelke, die in München eine Polizistin spielen musste, sich in der Stadt verlief und in ihrer Uniform ständig als Polizistin angesprochen wurde. „Das hatte was“, sagte sie “An diese Form der Autorität durch Uniform könnte ich mich gewöhnen…“ Auch komisch.

Apropos Uniform: Komik heißt auch immer Grenzüberschreitung, ironische Wendung, Überschreiten der Obrigkeitsgrenzen. Da macht Komik Angst, wird in autoritären Regimen verboten und verunsichert all jene, die sich vor Machtverlust fürchten. Mit entsprechend tragischen Konsequenzen, die dann alles andere als komisch sind.

Auch dann wurde der Abend komisch, wenn die beiden in szenischen Sketchen miteinander (natürlich von Tisch zu Tisch) spielten, wie z.B. in dem Interview mit der „Radiotrinkerin“. Herrlich.

Diese Spannung zwischen Wortwitz und Hochkultur machte den Abend zum Erlebnis, auch wenn es in manchen Gedichten und Texten derartig unter die Gürtellinie ging, dass das, was eigentlich komisch sein sollte, überhaupt nicht mehr komisch war wie z.B. das Gedicht über die beiden Freundinnen, bei dem die eine, reiche, süffisant  mit ansieht, wie ihre arme Freundin krebskrank wird, Beine verliert und schließlich elend  verreckt, die andere aber grade verhindert war, zur Beerdigung zu kommen. Da wird Komik makaber, wird  Humor schwarz und hinterlässt eher ein schales Gefühl als ein freudiges Lachen.

Allerdings waren am gesamten Abend die Schauspielerinnen immer noch Schauspielerinnen, die das ausführten, was der Autor Thomas Lienenlüke, ein begnadeter Germanist, Regisseur, Verbalerotiker und Schauspieler, für den Abend zur Komik, zusammengestellt hatte.

Gespannt war man natürlich auch auf das Ende, auf den Applaus, der recht normal ausfiel, ohne Standing Ovation und ohne Zugaben, bis auf einen kleinen Rausschmeißer der Akteurinnen. Man darf gespannt sein, ob dieser Abend die beiden Profischauspielerinnen zu weiterer gemeinsamer Bühnenarbeit angeregt hat.

Diese Premiere war, auch bei aller Kritik,  sicher ein Highlight dieser 18. Lit.COLOGNE, eines der größten Literaturveranstaltungen, die diese Republik zu bieten hat.

Großer Lob und Dank an das Orgateam!

C Text/Bilder Michael Troesser 2018