Den Namen kennen viele in Ratingen. Man liest vom Trimbornsaal , war vielleicht schon mal bei einer Veranstaltung, hat schon einmal vom Trimborn-Förderpreis gehört oder die Trimborn-Skulptur des Ratinger Bildhauers Yildrim Denizli vor dem Saal gesehen. Aber wer war dieser Friedhelm Trimborn, was hat er gemacht, um als Mäzen solche Spenden den Kulturbereich in Ratingen unterstützen zu können?
Ich habe meinen damaligen Nachbarn Ferdinand Trimborn kurz vor seinem Tod 2008 interviewt, der einer Veröffentlichung ausdrücklich zugestimmt hat. Hier Auszüge aus dem sehr persönlichen Gespräch:
Im extrem heißen Sommer des Jahres 1921 wurde Ferdinand Trimborn in Duisburg-Kaiserberg geboren und ist dem Rheinland nach seinem Umzug nach Ratingen ein Leben lang treu geblieben.
Im Hause Trimborn spielte vor allem die Musik, das aktive Musizieren, seit Beginn an eine zentrale Rolle – und der kleine Ferdinand beneidete schon als kleiner Junge die schönen Instrumente der beiden älteren Geschwister.
Ab seinem fünften Lebensjahr ließ sein Vater, Finanzbuchhalter bei der Deutschen Bank, dem kleinen Ferdi Geigenunterricht geben, eine Entscheidung, die für Ferdinand prägend werden sollte: Er spielte seitdem nicht nur mit seinem Lieblingsspielzeug, seiner großen ausziehbaren Blecheisenbahn, sondern vor allem auch auf seiner Violine. Sonntag für Sonntag musizierte nun das kleine Hausorchester Trimborn und schon früh lernte er, wie man anderen Menschen Freude bereiten kann.
Nach Abschluss einer kaufmännisch-technischen Lehre wechselte er zur Firma Halfen nach Düsseldorf, wo er nach dem Geigenspiel sein zweites Schlüsselerlebnis hatte, das Auswirkungen bis auf den heutigen Tag hat: die Ankerschiene.
Ankerschienen sind kleine Bauelemente aus Stahl, die z.B. in Wände und Decken einbetoniert werden und mit denen man schwere Lasten befestigen kann. Die Ankerschiene, mit der Ferdi Trimborn nun täglich zu tun hatte, ging ihm nicht mehr aus dem Kopf: Er wollte sie verbessern, professioneller verarbeiten, hatte neue Ideen zur Befestigung durch die so genannte Ankerschraube.
Doch zu einer Umsetzung der Ideen kam es leider – vorerst – nicht mehr.
Mit 19 wurde Ferdinand Trimborn eingezogen und erlebte die schrecklichsten 10 Jahre seines Lebens. Er war in Dünkirchen, wurde mehrfach verwundet, landete 6 Wochen im Lazarett, schließlich in Kriegsgefangenschaft. Und auch hier merkte er, wie Musik die Türen und die Herzen öffnet: Als er einmal auf der Violine eines Serganten die kleine Nachtmusik auswendig spielte, wurde er fortan immer wieder zum Musizieren eingeladen und konnte nicht nur den Menschen eine Freude machen, sondern auch ihm wurde gegeben. Auch derartige Erlebnisse sind prägend für sein weiteres Leben.
1948 kam er zurück nach Ratingen, wurde als Eisen-Entroster in seiner alten Firma wieder eingestellt und holte in einfachsten Verhältnissen abends in Düsseldorf auf der Grafenberger-Allee einen Schulabschluss nach. Parallel hierzu lernte der inzwischen 29jährige Ferdinand beim Tanzen Irmgard, eine junge Förstertochter kennen, mit der er fast 60 Jahre verheiratet war.
Während der 10 Jahre Krieg und Gefangenschaft ist ihm die Ankerschiene nicht aus dem Kopf gegangen. Wo immer er konnte, hat er heimlich Zeichnungen dieses Bauelementes angefertigt und auch später, in seiner alten Firma, tüftelte er weiter an der Idee, eine eigene Ankerschiene zu bauen. Nur durch eisernes Sparen wurde fast 10 Jahre später sein Traum Wirklichkeit.
Nach dem Tod seines Chefs in Düsseldorf mietete er in Ratingen auf der Kaiserswertherstraße eine kleine Halle, kaufte einen Schwebekran und meldete für das neue Bauelement Musterschutz für 25 Jahre an : Die Timborn-Ankerschiene und gründete die „Ferdinand Trimborn Fabrik für Ankerschienen (GmbH)“
Obwohl im ersten Jahr die Miete höher war als der Umsatz, ließ Ferdinand Trimborn sich nicht entmutigen und expandierte in kleinen Schritten. Er zog in Ratingen um in die Sandstraße, dann in die Boschstraße, wo er zuletzt auf über 4000 Quadratmetern in Hallen, einem Bürogebäude und mit einem 10 Tonnen-Kran mit 20 Leuten Personal seine Ankerschiene vollautomatisch produzieren konnte. Zum Schluss verarbeitete Ferdinand Trimborn über 1000 Tonnen Stahl zu Ankerschienen.
Inzwischen hatte sich seine neue Ankerschiene derart etabliert, dass sie heute bei keinem größeren Bau mehr fehlt, die Timborn-Ankerschiene ist zur Marke geworden.
Während der vielen Jahre des Aufbaus und der harten Arbeit in seinem Werk blieb ihm nicht viel Zeit für Hobbys übrig. Dennoch pflegte Ferdinand Trimborn während der gesamten Zeit die Musik, spielte in einem kleinen Orchester mit, das z.B. in Krankenhäusern auftrat, um den Patienten eine Freude zu bereiten.
Daneben hatte er nach eigenen Aussagen zwei weitere Leidenschaften: zum einen das Golfspiel – immerhin Handicap 6 – und schöne, kraftvolle Autos. Allerdings waren weite Reisen mit den Limousinen nicht möglich – dazu fehlte immer wieder die Zeit – höchstens bis nach Ascona, wo er mit seiner Frau über mehrere Jahrzehnte ein traumhaft gelegenes Urlaubs-Domizil besaß.
1975 entschloss sich Ferdinand Trimborn, seinen erfolgreichen Betrieb gewinnbringend zu verkaufen und sich endgültig von der Timborn-Ankerschiene zu trennen – die aber auch ohne ihn im gesamten Bauwesen bis heute ein Begriff ist.
Seitdem hat Ferdinand Trimborn ein neues Leben begonnen: als Spender und Wohltäter – als ein Mensch, der gibt, wo er nur kann – ohne darüber groß zu reden.
Begonnen hatte dieses neue Leben mit einem Erlebnis im Evangelischen Krankenhaus Ratingen : Als er sah, wie seine Frau dort in einem alten, unzureichend ausgestatteten Operationssaal im Keller operiert worden war, stellte er ohne Zögern der Klinik 250 000 D-Mark für einen Neubau des Operationsbereiches zur Verfügung – als Beginn einer Spenden-Serie, die bis zu seinem Tod 2008 anhielt.
Nach weiteren Spenden im Rather Krankenhaus, einer Kirchenorgel, 1000 Bäumen für den Golf-Platz und weiteren Spenden, die inzwischen 2 Din-A-4 Seiten füllen, kam dem Musikliebhaber die Idee, den musikalischen Nachwuchs in seiner Heimatstadt und im Rheinland zu fördern – in einer Zeit, in der die meisten jungen Menschen nur wenig Interesse für klassische Musik zeigten. Diese inzwischen gut funktionierende kulturelle Glanzleistung gelang dem Mäzen durch zwei Dinge: Zum einen durch die Schaffung zweier Musik-Förderpreise für junge Menschen als nachhaltige Förderung von Musik-Talenten seit 1999 (Der Ratinger-Trimborn-Förderpreis ist mit 3000 Euro Preisgeldern dotiert, der Trimborn-Förderpreis-NRW mit 6000 Euro – wobei der landesweite Ferdinand Trimborn Preis zusätzlich noch beim Preisträgerkonzert das Folkwang Kammerorchester Essen mitfinanziert )
Zum anderen durch den Neubau des mit optimaler Akustik ausgestatteten Musiksaals in Ratingen an der Poststraße, als Plattform und Bühne. Über 1 Million Euro nahm der Musikliebhaber für den 2006 eingeweihten Saal in die Hand.
Solche Menschen in der Kombination von Erfindergeist, Mut, wirtschaftlichem Können und Erfolg sowie kultureller Leidenschaft braucht die Welt, wenn Kultur neben öffentlicher Förderung lebendig bleiben und ausgebaut werden will. Es ist ein Glück, dass Ferdinand Trimborn seine geniale Ankerschiene grade von Ratingen aus prodziert hat und von hier aus in die gesamte Welt schicken konnte. Und es zeigt, wie oft die kleinsten Dinge die größte Wirkung haben können: Von der (kleinen) Ankerschiene zum (großen) Festsaal eben.
Seiner Ehefrau, Irmgard Trimborn, ist ist in diesem Jahr (2019) 98jährig in Ratingen verstorben.
Ferdinand Trimborn/Skulptur: Yildrim Denizli
C Text/Foto Michael Troesser